Das einzige was wir fürchten sollten, ist die Furcht

In einem Asterix Comic gab es einen Stamm der nichts fürchtete. Außer, dass ihm der Himmel auf den Kopf fällt. Ein anderer Stamm fürchtete überhaupt nichts hatte aber gehört dass Furcht Flügel verleihen würde, daher suchten sie jemanden der sie das fürchten lehrt. Heute Beobachtungen aus dem eigenen Leben zum Thema: keine Panik!

Eine ehemalige Führungskraft sagte mir mal, sie habe lange nicht verstanden was sie an mir eigentlich so faszinierend fand. Doch als die Zeiten hart und ruppig wurden, ging ihr ein Licht auf: je heftiger die Situation, desto ruhiger meine Reaktion. Dieses Verhalten kann man im Alltag natürlich nicht oft beobachten, dazu braucht es schon Krisen. Dieses Verhalten ist für mich selbst natürlich viel wert. Ich wünsche jedem, sich eine Scheibe abschneiden zu können. Woher mein Verhalten stammt, kann ich mir höchstens in Teilen zusammen reimen.

Vielleicht ist es beeinflusst von der intensiven Lektüre von Douglas Adams in meiner Jugend. Don’t panic! Ist ein häufig genannter Begriff in seinen Büchern, und seine Geschichten strotzen von Wendungen, die eigentlich jeden in Panik versetzen sollten, doch die Helden reagieren oft amüsiert, inspiriert oder erstaunlich gleichmütig.

Eine weitere Quelle meiner Gelassenheit angesichts katastrophaler Situationen könnte von meiner Affinität für Geschichte und Familiengeschichte herstammen: der früheste Vorfahr, den ich verbrieft identifizieren konnte, war um 1180 Bürgermeister von Visby: Herrmann Swerting. Er zahlte dem falschen König Schutzgeld. Daraufhin ließ ihn der richtige König köpfen. Die Folgegeneration konnte ihn posthum rehabilitieren und erhielt eine beträchtliche Wiedergutmachung. Ein Sohn wurde Bürgermeister von Lübeck. Ein Teil des Geldes wurde in Land angelegt. Geschichte ist spannend, oder? Es geht halt auf und ab. Panik stört da nur. Durchhalten, kühlen Kopf bewahren, das zählt. Naja, und Kopf behalten.

Ach ja, ein anderer Teil des Geldes wurde mit päpstlicher Genehmigung für eine Kapelle in der Marienkirche zu Visby verwandt, die Seeleuten gewidmet ist die auf See zu Tode kamen. Das bringt mich zum nächsten Thema aus dem ich Kraft ziehe, um Panikreaktionen zu vermeiden: Tauchen

Unterwasser gibt es nichts gefährlicheres als Panik. Allein aus Selbstschutz würde ich einen panischen Menschen als genauso gefährlich betrachten wie eine Strömung, ein Rudel gereizter Haie oder verrückt gewordene Jetskis über den Köpfen. Die eigene Panik wäre sogar noch gefährlicher als Panik des Partners. Wer sich mit dem Thema auseinandersetzen möchte schaue dave not coming back. Eine sehr einfühlsame und doch extrem intensiv erzählte Geschichte.

Sicher fallen mir auch noch weitere Bausteine ein, die das Fundament dafür bilden, dass ich Panik gut vermeiden kann: meine Vergangenheit im Rettungsdienst und in der Kernkraftbranche, meine Vorliebe für Stoiker und vielleicht auch frühes Training in Judo, Taekwondo und als DLRG Rettungsschwimmer…

Doch all das hilft jetzt niemandem sich eine Scheibe abzuschneiden. Ich habe viel gegrübelt, was ich Menschen die aus meiner Sicht allzu leicht in Panik verfallen, mitgeben könnte. Sofern Panik eine körperliche Reaktion ist, helfen schlaue Sprüche garantiert nicht. Und ich weiß sehr gut dass Angst oft genug irrational ist und durch rationale Ratschläge überhaupt nicht beeinflusst werden kann. Trotzdem hier ein paar Versuche:

1. Ich suche mir aus, wovor ich Angst haben will. Klingt seltsam, aber klappt oft. Wo andere z.b Angst haben, dass ein Vorstand ihm die Rübe rasiert, wenn sie etwas Falsches sagen, sage ich mir: „Du hast jetzt Angst davor, überhaupt nichts beizutragen oder dich nichts zu trauen, das wäre doch peinlich und außerdem quasi Arbeitsverweigerung! Ich habe jetzt einfach mal mehr Angst, ein Angsthase zu sein, als vor einem Rüffel.“ Und ich vergleiche Katastrophen miteinander: solange meine Familie gesund ist, sind alle anderen Katastrophen absolut kein Grund zur Panik.

2. Wenn ich eine Panikreaktion unwahrscheinlicher machen möchte, muss ich Routine aufbauen. Panik ist die Furcht, die keinen Ausweg sieht. Nur durch Routine (beim Tauchen, in Konfliktgesprächen, im Zusammenhang mit Unfällen, etc. etc.) kann die Wahrscheinlichkeit von Panikreaktionen gesenkt werden. Ich verfiel einmal in kurze Panik als ich mich unter Wasser in einem Netz verhedderte. (in einer Tiefe von 1,50m, direkt neben meinem Tauchlehrer, im Stechlinsee, der überhaupt nicht so kristallklar war wie alle behaupten). Wer nicht taucht, kann sich nicht vorstellen wie schnell das passiert und wie unendlich dämlich und hilflos ein Taucher in einem Netz agieren kann. Deshalb habe ich mich unter kontrollierten Bedingungen erneut und erneut in solche Situationen gebracht, um zu üben, welche Schritte helfen und welche nicht. Dieses kontrollierte Überschreiten von Komfortzonen macht souverän.

3. Im Kopf spiele ich Szenarien wieder und wieder durch. Was kann passieren was würde ich tun was würden andere tun? Was ist das schlimmste was passieren kann? Kann ich das verhindern oder muss ich das Risiko in Kauf nehmen? Wenn der Worst Case erträglich ist, lege ich jegliche Furcht ad acta, let’s go! Wenn der Worst Case unerträglich ist, und sein Eintreten mir zu wahrscheinlich ist, dann lasse ich es gleich sein. Nervenkitzel brauche ich nicht. Außerdem spreche ich mit Profis. Sprich niemals mit Trotteln oder Vollamateuren. Profis sollst du suchen.

Alles was ich hier schreibe kann nur ein naiver Versuch sein, anderen Anstöße zu geben. Ich möchte auf keinen Fall so tun als wären Ängste und Panik vermeidbare Reaktionen, man müsste sich nur am Riemen reißen. Ich hoffe mein Innenleben kann trotzdem dem einen oder anderen, der sich allzu oft panisch fühlt, ein wenig helfen.

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