Das Peterprinzip: aufsteigen bis man versagt

Peter und Hull haben 1969 ein berühmtes Buch geschrieben – Das Peter Prinzip. Viele kennen die eine Hälfte ihrer berühmten These: In größeren Unternehmen mit genügend Hierarchiestufen steigt jeder so weit auf, bis er in einem Job ankommt, in dem er versagt. Aber die zweite Hälfte ist weniger bekannt, und die dreht sich um Talente, die NICHT aufsteigen. Details dazu, und was man daraus folgern kann, heute als Wort zum Sonntag. Viel Spaß!

Peterfisch – wundert sich auch über so manche Karrierewege, hat ansonsten nichts mit der Sache zu tun.

Angenommen, Herr P. wird alle paar Jahre befördert, weil er einen halbwegs guten Job macht und es im Konzern genügend Hierarchieebenen und Pöstchen gibt, mit denen man Lebensläufe ausgestalten kann. Jede Beförderung geschieht, weil Herr P. „einen guten Job“ gemacht hat und seinen Willen bekundet hat, Karriere zu machen. Die Personaldiagnostiker haben ihn nach allen Regeln ihrer Kunst geprüft und grünes Licht gegeben.

Solange Herr P. nicht aufhört, nach dem nächsten Karriereschritt zu fragen und Leistung zeigt, solange die Pöstchen nicht ausgehen und solange die HR nicht sagt, jetzt ist aber gut, wird das Spiel weiter laufen. Bis Herr P. auf einen Posten landet, in dem er definitiv überfordert ist. Und dort chefft er dann im roten Bereich vor sich hin.

Das ist die eine, die bekanntere, Hälfte des Peterprinzips. Gern schmunzelnd ergänzt um die Bemerkung „Und deswegen sind im Prinzip alle Chefs überfordert“, hahaha. (An dieser Stelle sei ein prima Zitat von Heidi Kabel eingestreut, dass im Prinzip dasselbe Recht für Frauen einfordert: „Die Emanzipation ist dann vollendet, wenn gelegentlich auch eine total unfähige Frau in eine verantwortliche Position aufrücken kann.“)

Die andere, unbekanntere Hälfte, beschäftigt sich mit den Menschen, die keine Karriere machen. Denn Peter und Hull zufolge gibt es eine Menge Leute, die auf den unteren Stufen der Hierarchie nicht so performen können, dass sie die ersten Karrieresprünge machen, obwohl sie durchaus das Zeug zu höheren Posten hätten. Die Filtermechanismen für die untersten Karriereschritte filtern sie bereits weg. Das ist wie bei Goethes jungem Werther. Das Dorf war zu beschränkt, seine Talente zu erkennen und hielt ihn einfach nur für strange.

Diese früh weggefilterten scheitern an etwas, was Gunter Dueck lustig beschreibt in „Direkt-Karriere: Der einfachste Weg nach ganz oben“: auf jeder Karrierestufe ist was ganz anderes gefragt. Zuerst als Experte in eine erste Führungsposition boxen, dann ein kleines Team zur Leistung antreiben, dann eine Abteilung per KPI und Budgets steuern, dann Manager managen (nix mit führen), dann als CEO alles umbauen, Politik betrieben und Rockstar werden. Wenn hingegen einer schon als Experte alles umbauen und Rockstar sein will, wird die Personaldiagnostikerin sowas sagen wie „Ach nee. Der Herr P. war mir dann doch etwas zu assertive irgendwie. Für eine Teamleitung. Oder?“

Das Peterprinzip kommt voll zur Geltung, wenn man diese beiden Effekte über längere Zeit übereinanderlegt. Eine Firma besteht dann nur noch aus Typen, die zu weit gekommen sind und nun ablosen und aus Leuten, die nirgends hin gekommen sind und unten rumkrepeln. Die Leistung in der Firma kommt im Wesentlichen von denen, die noch rumprobieren und noch nicht ganz oben angekommen sind.

Ja, was machen wir denn nun?

Peter und Hull empfehlen, dass man von sich aus auf die letzten ein bis zwei Karriereschritte verzichtet. Nach dem Motto „da ich schwieg, bin ich Philosoph geblieben“ – in abgewandelter Form „da ich auf meinem Level blieb, blieb ich Highperformer“. Gerade neulich sprach ich mit einer tollen Frau, die in einer Firma arbeitet, in der die Fluktuation hoch ist. Ständig kommen neue begeisterte Leute, da die Branche für junge Leute anziehend wirkt. Doch routinierte Experten gibt es kaum, weil alle nach wenigen Jahren die Schnauze so voll haben, dass sie weiterziehen oder völlig ausgebrannt ihr quietschendes Hamsterrad in die Ecke werfen und Dienst nach Vorschrift machen, ohne sich weiterzuentwickeln. Die Frau war eine der wenigen mit 15 Jahren Erfahrung. Und sie sagte: Normalerweise wäre ich längst Führungskraft. Doch wer wäre dann hier der Senior? Wer lernt die alle an? Wer tröstet sie und wer weiß, wie die Scheiße hier im Detail läuft? Die jungen Karrieristen, die hier vorbeirauschen, sicher nicht!

Ich empfehle: gebt Leuten Feedback, von denen Ihr meint, die können Chef werden, GERADE wenn sie die ersten Hürden der Karriere vielleicht nicht mit links packen. Leute, bei denen Ihr meint, die könnten Bereiche leiten, Vorstand werden oder Geschäftsführer. Bestärkt sie früh. Wenn die sich trauen, auch die Karriereleiter zu besteigen, erhöht das nämlich endlich mal den Druck im Kessel für diejenigen, die bisher allzu leicht durch die Kartoffelsortiermaschinerie der Standardkarrierefabrik hochgepurzelt sind.

Dazu gehört auch, dass ihr Menschen anders zu bewerten und zu akzeptieren lernt. Wenn jemand zum Beispiel auf Teamebene so gar nicht geht, denkt man schnell: die darf niemals Führungsaufgaben übernehmen, die geht gar nicht. Aber vielleicht – mal ganz neidlos anerkannt – wäre sie eine ganz brilliante Head of Finance. Und falls doch nicht, so ist es immernoch mit Heidi Kabel gesagt, ihr verdammtes Recht, ihre Unfähigkeit auf höchster Ebene unter Beweis zu stellen.

Insofern – Guten Start in die Woche!

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