Wenn ein Schiff auf Klippen zusteuert, ist es am Anfang Sache des Captains und Steuermanns, den Kurs zu korrigieren. Die Smutjes z.B. sollten sich raushalten.
Wenn das Schiff aber leck ist und überall schnell mit angepackt werden muss, wird es irgendwann zunehmend befremdlich, wenn die Smutjes sagen „ich bin hier nur für den Kartoffelsalat zuständig“.
Selbst Crews mit fragmentiertesten Verantwortungslandschaften, beschriebensten Rollen und altehrwürdigsten Vorgehensweisen müssen in Krisenzeiten flexibel reagieren, um zu überleben.
Als mein Vater mich 2002 spontan einpackte und in den Raum Zwickau fuhr, um 2 Tage lang fremden Menschen den Keller von Schlamm zu befreien, erlebte ich das erste Mal, wie Krisenkoordination funktionieren kann. THW, Feuerwehr, Polizei und andere Institutionen sorgten dafür, dass unsere Arbeitskraft sofort an geeigneter Stelle auf die Straße gebracht werden konnte.
Hilfsbereitschaft traf auf Koordination – im Business Talk würde man sagen Mindset auf Methodik. Und auf schnellstem Wege wurde geklärt: Wer kann was? Wer darf was? Wo anfangen? Wann wieder treffen und besprechen, wie es weiter geht? Ein Traum jeden Krisenstabs.
Nun haben Firmen hingegen leider selten freiwillige Helfer (von Fußballclubs, Entertainment Stars und Sekten mal abgesehen). Und schlimmer noch: sie haben meist kein THW, sondern ein Management, von dem es in Krisenzeiten abhängen muss, ob schnell von Regelbetrieb auf Katastrophen-Koordination umgeschaltet werden kann. Und sie haben: „Stellenbeschreibungen“.
Ich habe oben das Wort AGIL vermieden, um keine Reizungen auszulösen. Sagen wir, die Crew auf dem Schiff reagiert FLEXIBEL auf die Krise. Heutzutage ist der permanente Wandel nicht zu trennen von permanenter Krise. Es ist dasselbe. Ein Wandel, der nicht krisenhaft ist, ist Wunschdenken – kontrollierte Reaktion, schön langsam, beherrschbar… Und permanente Krise braucht drei Dinge. Diese drei Dinge fordere ich und wünsche ich jeder Organisation:
1. Finde eine brillante Lösung auf die Frage, wer in Krisen wie deinen Laden koordiniert. Überlege, warum dasselbe nicht einfach auch im permanent Change passiert. Welche Arbeitskraft wird wann wo am meisten gebraucht? In Zeiten wo Flexibilität essentiell ist, wird hier am meisten Kraft unnütz liegen gelassen.
2. Schaffe Stellenbeschreibungen ab, weiche sie auf oder entwickle sie weiter. Jeder kann (gefälligst) mal Kartoffeln schälen, wenn großes Kartoffelfest ist. Und der Smutje kann Wasser schippen, wenn Leckalarm ist und Kartoffeln grad echt niemanden interessieren. Und viel wichtiger als genauestens festzuhalten, wer was macht und was nicht macht, ist dafür zu sorgen dass jeder richtig viel sehr gut kann!
3. Hau nicht immer nur auf die Bereitschaft der Crew (Ihr wollt euch nicht verändern! Wo ist der Mindset for Change? Ihr habt alle Angst vor Veränderung…). Es ist die Kombination aus Bereitschaft, Skills und excellenter Koordination. „SAFe einführen“ heißt nicht „gut koordinieren“, Scrum Master ausbilden heißt nicht agil arbeiten. „OKR machen“ heißt noch nicht sinnlose KPI oder Bereichsegoismen wirklich überwinden. Und Bereitschaft heißt nicht Können.
Als ein Stubser, Dich vom Gedanken zu verabschieden, das Leben laufe in geregelten Bahnen und alles was Du tun musst, sei alles bis ins Kleinste festzuzurren und zu kontrollieren – hier eins meiner Lieblingszitate:
Everybody has a plan. Until he gets punched in the face.
Frei nach Tyson
Übe Dich und Deine Organisation also gleichermaßen in Mindset, Skills und Koordination. Das Leben ist hart und dann stirbt man, sagt ein geflügeltes Wort aus dem Angelsächsischen. Und so ist es, der permanente, krisenhafte Wandel ist nichts anderes, als dass uns saturierte, erfolgsverwöhnte Gesellschaften nun das echte Leben wieder einholt. Und in dieser „echten Welt“ müssen wir nun wieder lernen, zu überleben.
Das erinnert an die Strafen beim Rauswurf aus dem Paradies (Mann soll schuften, Frau soll leiden, Schlange soll zertrampelt werden und alle drei sind jetzt sterblich). Und da ist was dran an der alten Weisheit. Als Kinder leben wir im Paradies, als Jugendliche drehen wir hohl und als Erwachsene merken wir: es ist alles kein Paradies, kein Zuckerschlecken, das Leben ist grausam und keine Magie wird mir helfen.
Das Schöne daran: Du kannst das! Wir alle können das. Seit Jahrtausenden. Besinne Dich auf die Basics. Mut, Fleiß, Vertrauen, Neugier, Wertschätzung, Kommunikation. Ich zähle das grade so aus dem Bauch heraus auf, also nicht mitschreiben, ist keine neue Heilslehre. Lass Dich nicht verrückt machen von Quacksalbern, die mit magischen Versprechen von Deiner Krise profitieren wollen.
Ich sag’s mal mit dem ältesten Buch der Menschheit:
Wenn du deine Pflichten im Leben erfüllst, deine Arbeit mit Freude erledigst, Nachkommen hinterläßt und einen guten Namen im Leben, dann hast du Unsterblichkeit erworben. Es gibt keinen Tod.
Gilgamesch