#Verbesserungsaktionismus: Kontinuierliche Verbesserung reicht nicht

Gleich vorweg, ich bin natürlich nicht selbst drauf gekommen, sondern beim sonntäglichen Schmökern in „This is Lean“ von Modig und Åhlström. Von deren wunderbar verständlichen Beispielen ausgehend, soll es heute darum gehen, was der Nachteil ist, KVP (Kontinuierliche Verbesserung) im Unternehmen aufzurollen, ohne auf klaren Entscheidungen bezüglich Business Strategy und Operations Strategy aufzusetzen. Es führt oft genug zu #Verbesserungsaktionismus!

Optimiert Ihr auch mal euren KVP?

Ich versuche mal, die Kernaussage von „This is Lean“ (zurecht laut Klappentext „Swedens best-selling management book“) zusammenzufassen. Prinzipiell muss eine Organisation sich entscheiden, ob sie Effizienz oder Flow optimieren will. Effizienz ist der Ressourceneinsatz etc. Flow ist ganz platt gesagt Kundennutzen. Man muss sich entscheiden, ob man den Nutzen, den der Kunde erhält, maximiert, oder ob man die eingesetzten Mittel optimiert. Beides geht nicht. Wer es nicht glaubt, der lese selbst „This is Lean“, kostet nicht viel und ist sehr gut lesbar.

KVP ziehlt, wenn man es einfach ausrollt, meist darauf ab, dass an allen Ecken und Enden herumoptimiert wird. Meistens ohne klares Verständnis dafür, wie sehr dies dem Kundennutzen förderlich ist. Die Dynamik die dabei entsteht, führt außerdem oft dazu, dass einzelne Teams, Prozesse oder Abteilungen sich im eigenen Saft optimieren. Falle 1 ist dabei, dass man zulasten anderer optimiert, was aber meist erst viel später sichtbar wird. Falle 2 ist, dass diese Optimierungen völlig nutzlos sein können.

Optimieren zulasten anderer

Wenn ich im Optimierungsworkshop beschließe bestimmte Dinge „einfach mal nicht mehr zu tun“, dann sind diese „alten Zöpfe“ hoffentlich nicht etwas, worauf andere Prozesse oder Abteilungen dringend angewiesen sind. Nur wenn ihr Abschneiden wertvoller ist als ihr Nutzen für die internen Partner, sollte man sie abschneiden. Sonst entsteht unterm Strich ja ein Schaden. Meist merkt die Nachbarabteilung das Problem zu spät und dann kommt es zu Arbeitsverdichtung (bei uns oder bei denen ist dann noch die Frage).

Völlig nutzlos ist so eine Entwicklung allerdings nicht. Denn manchmal bringen diese Dilemmata (wer machts denn nun?) nützliche Nebeneffekte: ob, wir müssen das wohl doch machen, aber wir stecken künftig nur noch das Nötigste an Aufwand rein! Dadurch kommt manchmal Innovation in Gang.

Wie kann man diese Optimierungsschäden vermeiden? Stellt Euch ein Haus vor, in dem alle Zimmer gleichzeitig ausgemistet werden. Schmeißt man da alles direkt aus dem Dachfenster in den Container, kann man nicht fragen „hey Leute, kann das weg?“ Es ist futsch und später meckert dann irgendwer das Omas Silberbesteck weggekommen ist. Also sollte man vor dem Container eine Sammelstelle einrichten mit dem Schild „Braucht das noch wer? Morgen ist das weg“ und nur, wenn jemand begründen kann, dass ihm die alten Hemden von Onkel Heini so und so viel wert sind, darf er sie zurück in den Schrank packen (am besten in seinen eigenen).

Nutzlose Optimierungen

Oft genug landen ein und dieselben Themen wieder und wieder auf dem Workshoptisch. Verständlich ist das bei den ganzen Menschenthemen wie Kommunikation Transparenz, Aufgabenverteilung, Ausrichtung, Kultur, Retros etc. Da ist das quasi Maintenance und gut investiert. Es kommen aber auch fachliche Themen immer wieder, die eigentlich schon zig mal gelöst waren. Entweder woanders gelöst oder hier von uns schonmal gelöst. Dann aber nicht umgesetzt. Es ist nutzlos, dasselbe prozess- oder Fachthema mehrmals zu lösen. Solange es weiterhin scheitert. Dann kann mans sein lassen. Regt nur auf.

Das nutzloseste Optimieren ist aber – wir bleiben beim Beispiel oben – ein Wohnzimmer aufwändig renoviert wird und dann das Haus abgerissen wird. Und genau das passiert, wenn man nicht aufpasst, wenn KVP nicht eng verknüpft ist mit Business Strategy und Operations Strategy. Dann werden Prozesse optimiert, Schränke aufgeräumt, Teams zusammengebuildet etc. Und danach kommt eine mega Reorganisation und die Schränke werden abgeschafft. Cheers

Drittes Problem mit falsch verstandenen KVP: es wird was verbessert, aber nichts verändert

Bisschen polemisch der Satz. Aber ich meine damit: KVP Rollouts können große normierende Kräfte entwickeln (welche Formate, welche Reihenfolge, welche Methoden, …), die dazu führen, dass alle Teams brav ihre Hausaufgaben machen. Sie liefern Visual Management Workshops, Aufräumtage, Prozessoptimierungen und Problemlösesitzungen dass es Herrn Ishikawa eine Freude wäre. Hausaufgaben getan. Uff. Back to work. Was sie in der Zeit nicht tun, ist Prozesse platt machen – ganz neu denken! Evolution statt Revolution. Im schlimmsten Fall schön jedes Jahr die 5-10% (Berater sagen immer 12-15%) bringen. Wer mit alten Hasen spricht, erfährt, dass irgendwann jede Idee, die heute schon machbar wäre, aufgehoben wird, bis ein Optimierungsprogramm „von oben“ 10% einfordert. Ist doch klar. Die Welt wird mit sowas weder verändert noch gerettet.

Aus all diesen Gründen ist es so wichtig, dass die Strategen, die Optimierer, die Organistionsentwickler, die Trainer, die Moderatoren, die Agilisten, die QMler, die UXler und die Kulturköpfe alle eng vernetzt arbeiten. Dabei ist es egal, ob man in Leuchttürmen, Besenkammern oder Elfenbeintürmen sitzt. Hauptsache zusammen!

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