„Der Wettbewerb um die Vorherrschaft in KI auf nationaler Ebene wird meiner Meinung nach der wahrscheinlichste Auslöser des Dritten Weltkriegs“ – Elon Musk, Twitter (2017)
Vorweg – ich behaupte nicht, hier irgendeine brandneue Erkenntnis zu präsentieren. Die Auswirkungen künstlicher Intelligenz sind seit Jahrzehnten Debattengegenstand viel schlauer Leute. Ob Philosophie, Politik, Techbranche oder Scifi – die Szenarien, in denen wir Menschen durch von uns selbst erschaffene KI ausgelöscht, zu Borg assimiliert oder zu Halbgöttern gepimpt werden, sind zahllos. Doch Videos wie dieses über GPT-3, einer Software, die simple Sprache in Programmierung übersetzt, müssten die Augen aller anderen aufgeweckten Menschen ebenso weit öffnen, wie die typischen Augen der Mangafiguren in Ghost in the Shell, dem Klassiker der Mangas über KI. Denn es gibt nicht nur Mangas über KI, sondern inzwischen auch KI, die ihrerseits eigene Mangas erschafft. Was ist KI und was macht sie mit uns? Das fasse ich jetzt mal als Nicht-ITler zusammen, denn GPT-3 ist selbst für einen No-Coder wie mich gesellschaftlicher Zündstoff pur. Ich nutze dabei bewusst Alltagssprache zulasten der technischen Präzision. KI stellt gerade unsere Welt auf den Kopf, schon gemerkt?
Was ist Künstliche Intelligenz?
Im Wesentlichen gibt es schwache und starke KI. Schwache KI ist, wenn Du Alexa sagen kannst „spiel mal nen Rocksong“ und der kommt dann. Starke KI ist, wenn Maschinen verstehen. Richtig verstehen. Deshalb sind sich viele Forscher und Philosophen einig, dass es nahezu unmöglich sein wird, eines Tages eine echte starke KI zu entwickeln. Der Fortschritt, so sagen sie, werde auf der Strecke dahin irgendwo steckenbleiben. Halbstarke KI, auch witzig. Doch die Debatte, ob Maschinen jemals menschengleich sein werden, ist ziemlich irrelevant. Warum? Weil halbstarke KI schon ausreicht, um… ja was eigentlich?
Was kann KI und was nicht?
Schwache KI kann, wie schon gesagt, Rockmusik anschalten. Das kann allerdings auch ein Radiergummi, dass man nach dem Radio wirft. KI kann so komplizierte Dinge wie Schach spielen oder Go, oder Computerspiele – und das längst besser als Menschen. KI kann auch Krebs erkennen, Hochfrequenzhandel organisieren oder Musik komponieren, die selbst Experten für Mozart halten. Das mag beeindruckend sein, aber die größten Auswirkungen auf unser aller Leben liegen ganz woanders: KI kann fast alles, was Menschen machen, besser, schneller, günstiger, akkurater machen. Also vor allem erstmal unsere ganz normalen Jobs!
Was übersehen diejenigen, die Maschinen für dumm halten?
Die Philosophen reden sich seit Jahrzehnten die Köpfe heiß, ob ein Computer je so sein wird wie ein Mensch. Ob er fühlen wird. Ob er wirklich intelligent sein wird. Doch das ist völlig irrelevant! Das Problem ist nicht, dass Maschinen so schlau werden. Das Problem ist, dass vieles was wir den ganzen Tag machen, gar nicht sonderlich schlau ist. Maschinen werden 90% aller Jobs übernehmen können, eben nicht weil sie so schlau werden, sondern weil unsere Jobs so simpel sind! Daher ist es pure Scheinsicherheit, wenn wir uns darauf verlassen, dass die Roboter niemals Gefühle haben werden oder niemals wirklich was wollen können. Gefühle haben und wollen können sind aus der Perspektive nunmal Babykram.
„Warum kann der Computer so wenig verstehen? Weil der Computer keine semantische Beziehung zu den Dingen in der Welt hat.“ – Joseph Weizenbaum, Computermacht und Gesellschaft
Ich will nicht auf Anthropozentrismus oder Eitelkeit eingehen. Soll sich der Mensch ruhig für unersetzlich und unerreichbar klug halten. Auch streite ich gar nicht ab, dass Computer vielleicht nie wirklich im menschlichen Sinne denken und verstehen, geschweige denn fühlen werden. Ist aber alles völlig egal! Also praktisch gesehen ist es das. Es ist wirklich irrelevant, ob Maschinen eloquent sind, oder Gefühle haben. Wen interessiert, ob ihre Intelligenz echt ist, oder ob Intelligenz überhaupt messbar ist, auch bei uns selbst. Oder was überhaupt Intelligenz ist und ob es davon 8 Sorten gibt. Alles philosophische Debatten, die die eigentlichen Umwälzungen ignorieren. Es geht um was ganz anderes, was ganz banales.
1. Die Banale Gefahr, dass dumme Maschinen hervorragend dumme Aufgaben erledigen können
Die Revolution hin zum Maschinenzeitalter wird eben nicht darin liegen, dass ein Roboter sagt „hurra, ich lebe, habe Kopfschmerzen und eine Sinnkrise, ich rede ich pubertären Blech, Lüge meine Mitmenschen an und sehe zu, wie wir uns alle selbst vernichten. Außerdem lache ich über Mario Barth und habe völlig inadäquate Gefühle für Katzenvideos“ (so in etwa erkennt man nämlich den durchschnittlichen Menschen).
Die erste Phase der Revolution wird vielmehr sein, dass wir uns schlichtweg großteils selbst wegprogrammieren, eben weil es relativ einfach ist, uns wegzuprogrammieren! KI wird – völlig ohne Killerroboter oder autonome Microraumschiffe in unseren Gehirnen – gaanz unspektakulär einfach alles plattmachen, was nicht bei 3 auf den Bäaumen ist!
Welche Jobs sind in Gefahr?
Vorweg: manche fürchten sogar das Ende der Menschheit sei eingeläutet. Schlaue Menschen wie Musk, Hawking und viele andere warnen vor der Pandorabüchse.
„…A.I. … könnte das schlimmste Ereignis in der Geschichte der Zivilisation werden.“ – Stephen Hawking, Web Summit technology conference in Lisbon, Portugal, 2017
Aber soweit muss man gar nicht denken, der allererste Schritt dieser gigantischen Umwälzung reicht für sich genommen doch völlig aus: Es gibt unzählige Studien zur Auswirkung von KI auf Jobs. Es gibt Studien darüber, wie viele Unternehmen in Deutschland KI einsetzen, unter 10% übrigens. Doch das wird rapide zunehmen.
Hier eine Liste der Berufe, die eine Software wie GTP-3 vernichten könnte, wenn wahr ist, was in diesem Video gezeigt wird:
- Journalisten
- Technische Zeichner
- Anwälte
- Mediziner
- Apotheker
- Berater
- Coaches
- Trainer
- Komponisten
- Schauspieler
- Musiker
- Autoren
- Lektoren
- Lehrer
- Sachbearbeiter
- Designer
- Programmierer
- Blogger
- Influencer
- Callcenter Agents
- Researcher
- Analysten
- Interviewer
- Assistenten
- Moderatoren
- …
Ja, KI wird nicht alles ersetzen, was diese Menschen in ihren Berufen machen, und selbst Kaspatow, der von deep blue im Schach geschlagen wurde, hat keine Angst vor den Maschinen, aber – danke Gunter Dück – alles was einfach ist an unseren Jobs, das wird KI uns wegnehmen. Einfach aus den Händen reißen, wie eine große Schwester, die zischt „gib her du Idiot, Du kannst das einfach nicht“! Die Revolution frisst ihre Kinder, ganz banal und ohne Terminator.
2. Die Welt wird vernetzter, sagen wir, und sehen uns immer seltener…
Die zweite große Umwälzung, die für sich steht, ganz ohne dass wir Roboter mit Herz und Hirn dafür bräuchten, ist die Connected World. Einerseits heißt es, alles wird connected. Andererseits verbringen wir immer weniger Zeit miteinander. Studien zeigen, dass die Menschheit zunehmend von der Digitalisierung enttäuscht sind, wo einst Hoffnung war auf weltweite Vernetzung. Und auf der Arbeit ist Digitalisierung dann was Schlimmes, wenn sie Handlungsfreiheit einschränkt. Wir sind nicht vernetzt, wir chatten nur. Oder unsere Devices chatten für uns. Oder meine Uhr mit deinen Kontaktlinsen. Oder mein Auto mit deinem Kalender. Wer ist hier eigentlich vernetzt? Vernetzen uns die Computer oder eher wir sie? Ich sage, die Computer regeln zunehmend alles für uns. Termine, Optimierungen, Kommunikation, Entertainment, Trost? Zuspruch? Rat? Na klar! Wir werden zu Frühstücksdirektoren unseres eigenen Lebens. Irgendwann fragen wir uns nicht mehr, ob Computer ein Gehirn bekommen werden, längst fragen wir uns, ob unser Gehirn nur eine Computersimulation ist.
Wer sich außerdem vernetzt, sind die Konzerne, die Versicherungen, die Schufa, die Anbieter für Daten und für Profiling. Am Ende steht das berühmte Beispiel: du kriegst keinen Kredit aber die Bank kann dir nicht sagen warum – Computer sagt nein. Basta. Dieser Trend wird uns noch sehr beschäftigen, zumal KI längst entscheidet über Kreditvergaben, ob du eine Versicherung bekommst, ob Du den Job kriegst, ob Du lebst oder stirbst.
„Die Maschine scheint uns von der Natur zu entfernen. Und gerade sie unterwirft uns mit ganz besonderer Strenge den ewigen Naturgesetzen.“ – Antoine de Saint-Exupéry
3. KI wird ermöglichen, dass Milliarden Menschen Dinge tun können, ohne etwas können zu müssen
„Wer in diesem Bereich die Führung übernimmt, wird die Welt beherrschen.“ – Wladmir Putin, 2017
Ich bin ja kein Technikfeind. Daher hier auch noch ein enthusiastischer Askpekt. Wer heute eine Webseite haben will, muss sie bauen. Programmieren. Er muss das können, oder wen bezahlen, der das kann. Wer einen Rechtstext verstehen will, muss Anwalt sein, oder einen Anwalt bezahlen. Das gleiche gilt für Designs, Zeichnungen, technische Dokumentationen, medizinische Auskünfte, Lyrik, Liebesbriefe, Blogartikel, ein Brief an die Oma auf Spanisch. Bisher musste, wer all das nicht konnte oder bezahlen konnte, verzichten.
Doch durch KI wie GTP-3 muss keiner mehr irgendwas können. Außer dem, was den Menschen so ausmacht: etwas wollen und dies artikulieren. GTP-3 in der Form, wie es sich in solchen Videos abzeichnet, ist für mich eine Gottmaschine. Nicht die Maschine ist Gott, sie macht uns zu Göttern. Kleinen Göttern. Wir sagen „es geschehe“ und es geschieht. „Zeichne mir ein Haus mit 10 Zimmern, 120 qm und mit 2 Stockwerken, Pultdach bitte, im Zuschnitt wie eine Berliner Altbauwohnung nach DIN Norm xy“ und das macht GTP-3 dann. Wartet es ab. Milliarden von Menschen können sich bald im Beruf ihrer Wahl betätigen, ohne dass sie das grundlegende Handwerkszeug erlernen müssten. Was für eine Revolution!
Fazit: außer der Bedrohung, von Robotern zerstampft, im Schach geschlagen, oder vom Arbeitsmarkt gefegt zu werden – sehe ich vor allem erstmal eine schmerzhafte Erkenntnis: ja, der Computer wird vielleicht auf ewig nur nachplappern, imitieren und gut zusammenfassen oder Muster erkennen können, während der Mensch fühlt, träumt, denkt und will. Aber leider ist genau das erstere, was Menschen die meiste Zeit des Tages machen und jetzt kommt die KI und nimmt uns das weg.
Zweite Erkenntis: wirklich vorn dabei ist bei der Digitalisierung nicht, wer Daten nutzt oder Prozesse digitalisiert. Vorn dabei sind die, die solche kommenden enormen KI Entwicklungen wie GTP-3 nutzbar machen können und ihre Geschäftsmodelle darauf ausrichten können. Alle anderen sind – völlig egal wie digital sie bereits sein mögen – längst abgehängt. Möge ein langanhaltende Stromausfall sie retten.