Serie Denkfehler im Job #1: Availability Heuristics

„Was wir erinnern, scheint häufig zu sein“

Diese Serie beschäftigt sich mit dem bereits viel diskutierten Thema der Denkfehler (Cognitive Biases). Jede Episode beleuchtet einen der über 100 Biases näher. Wir bringen Beispiele für diese Fehler im Berufsalltag und was man tun kann, um diesen Denkfehlern nicht aufzusitzen.

Rote Ampel nervt -> rote Ampel bleibt im Gedächtnis-> rote Ampel scheint häufiger als sie wirklich ist.

Availability Heuristics (Verfügbarkeitsheuristik) setzt unser Hirn ein, wenn es versucht, die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Ereignisses einzuschätzen, aber keine Fakten (z.B. Statistiken) zur Verfügung hat. Unser Hirn fällt dann darauf herein, dass manche Ereignisse gerade frisch im Gedächtnis sind – zur Verfügung stehen also. Was heißt das für den Berufsalltag? Für Führungskräfte? Für Moderatoren?

Wir empfinden fälschlicherweise solche Ereignisse, die im Kopf hängen bleiben, als wahrscheinlicher oder häufiger als solche, die nur schwer erinnert werden können. So denken viele etwa, es sei wahrscheinlicher, beraubt, betrogen oder belogen zu werden, weil sie über diese Dinge gerade erst etwas auf Facebook gelesen haben oder der Nachbar gerade gestern davon erzählt hat.

Ich als Angler halte es besonders dann für wahrscheinlich, etwas zu fangen, wenn ich andere gerade dabei beobachtet habe, wie sie die Fische an Land zogen. Das ist leider Quatsch, aber dieses Wissen hält meinen Kopf nicht davon ab, nervös zur Angel zu schielen, wenn andere Angler etwas fangen.

Beispiele aus dem Arbeits- und Führungsalltag:

„Startups sind erfolgreiche Unternehmen“: nur die Startups, die erfolgreich sind, kommen in die Medien oder in unser Wohnzimmer. Alle andern gehen unter, und zwar 90% und mehr. Also sagt die große Zahl an Erfolgsstories, die uns überall vorgeführt werden, nichts darüber aus, ob Startups erfolgreicher sind als etablierte Firmen.

„Der Typ kann was, seh ich gleich“: jemanden ein paar mal dabei zu erleben, wie er richtig was rockt, sagt gar nichts. Sei kein Bauch-Chef, der schnell richtet. Denk nach, ob nicht auch genauso oft nur heiße Luft oder sogar falsche Dinge vom vermeintlichen Highflyer ausgehen. Finde heraus, ob er/sie vielleicht nur dann vorbildlich handelt, wenn Du dabei bist.

„Wieso machen nur meine Leute so viele Fehler?“: Nur von Idioten umgeben, was? Ständiges Krankfeiern, ein Patzer nach dem anderen, keiner hört richtig zu, ein einziger Sack Flöhe. Du ärmste. Vielleicht stimmt es. Wahrscheinlich aber nicht. Wahrscheinlicher ist, dass so manch andere Führungskraft es etwas besser machen würde als du. Und wahrscheinlich ist auch, dass deine Leute genauso durchschnittlich idiotisch sind wie du und ich. Dir bleiben die nervigen Momente mit Deinen Kollegen nur leichter im Gedächtnis, sie sind dadurch aber nicht häufiger.

In Workshops bedeutet dies, als Moderator sehr darauf zu achten, welche Erinnerungen man provoziert. Wenn ich zum Beispiel die Teilnehmer lange mit der Frage quäle, was in ihrem Team denn die großen Erfolge des letzten Jahres gewesen seien, dann kommen anfangs möglicherweise noch Beispiele. Das hebt gegebenenfalls die Stimmung im Raum. Sobald diese Beispiele aber abebben, kippt womöglich die Stimmung, denn wenn uns nicht noch mehr einfällt, waren wir wohl doch nicht so toll, oder? Plötzlich fangen manche evtl. sogar an, Misserfolge auf den Tisch zu legen. Sich allein an die jetzt gerade verfügbaren Erinnerungen zu krallen, ist natürlich ein Denkfehler: was zählt, sind allein Fakten.

Derselbe Effekt kann auch eintreten, wenn man jemanden bei einer Beförderung bevorzugt, weil der andere sich einen einzigen Mega Bock geleistet hat und dieses Ereignis noch sehr frisch nachwirkt.

Was tun, um diesen Denkfehler zu vermeiden?

Andere um deren Einschätzung bitten

Buch führen

Eigene Eindrücke auf Plausibilität überprüfen

Tust du all dies nicht, wirst Du auf lange Sicht viele schlechte Entscheidungen treffen.

Und fair bleiben, Leute!

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